Bericht 2010

25 Jahre Westwalltag 1985 - 2010

Der Westwalltag 2010 vom 29.10. bis 31.10.2010

 

Der diesjährige Westwalltag fand vom 29. bis zum 31.10.2010 im Saarland statt. Es war nach dem 25. Westwalltag im letzten Jahr ein weiterer besonderer Westwalltag. Seit 25 Jahren wird diese private Initiative für den Erhalt und die Dokumentation der Westbefestigungen veranstaltet. Dies war für die Organisatoren der Grund, sich für diesen Jubiläums-Westwalltag einige besonderes interessante Orte, Bauwerke und Vorträge auszusuchen.

 

Am Freitag, 29.10.2010, trafen sich pünktlich über 60 Teilnehmer an einem Vorposten-Stützpunkt der „Ligne Maginot aquatique“ bei Macheren in Lothringen. Dieser Stützpunkt ist touristisch erschlossen und der ideale Ausgangspunkt für eine Tour entlang der „Route de la Ligne Maginot aquatique“. Einen besonderen Bereich dieser Straße bilden die Bauwerke bei Barst. Hier haben Privatleute und die Kommune einen regelrechten Festungspark angelegt, der einen Einblick in diesen Teil der Maginotlinie bietet. Ein ortsfest aufgestellter FT 17-Panzer stellt den Ausgangspunkt eines Grabensystems dar, dessen Ende von einer Artilleriekasematte für ein 75 mm Geschütz gesichert wird.

Abbildung 1 FT 17 Barst FSW_klein

In dem an originaler Stelle wieder hergestellten Grabensystem bei Barst wurde ein FT 17-Panzer als ortsfestes MG-Nest eingegraben (Felix Wein)

Weiter unterhalb steht mit dem „Wagon antichar“ ein einmaliges Panzerhindernis bzw. Verschlußmittel für einen Weg, der durch ein mehrreihiges Schienenhindernis hindurchführt. Ein deutscher Jagdpanzer „Hetzer“ befindet sich zwar auf der „falschen“ Seite des Hindernisses, erinnert aber gleichzeitig auch daran, daß hier sowohl 1940 als auch 1944 hart gekämpft wurde. Nach einem stilechten Mittagessen in einer Kasematte erfuhren die Teilnehmer bei Hoste mehr über die Kämpfe aber auch über das ausgeklügelte Stausystem, das mit seinen Wasserhindernissen die Stärke dieses Abschnitts darstellte. Die beiden Stauanlagen von Hoste wurden ausgiebig in Augenschein genommen bevor es zu einer weiteren Stauanlage bei Remering ging. Davor stand ein Bunker zur Straßensicherung, dessen Beschußschäden aus dem Jahr 1940 für sich sprachen. Am Knopp oberhalb Saaralben konnten diese Beschußschäden ebenfalls gefunden werden. Mit den Bildern von den Kämpfen, die unser Führer dabei hatte, konnte der Vergleich mit dem heutigen Zustand gezogen werden. Das diesjährige Leitthema der Vorträge war den Menschen in den Westbefestigungen gewidmet. Am Freitagabend konnte beim Grußwort des Veranstalters auf die wechselseitige Wirkung zwischen den Bunkern und den Menschen vom Bau bis heute eingegangen werden. Der zweite Vortrag ging auf die Kämpfe in den Westbefestigungen 1944/45 zwischen der Saar und dem Rhein aus deutscher militärischer Sicht ein. Hier hat Dieter Bettinger mit seiner ausführlichen Veröffentlichung über die Heeresgruppe G Grundlagenarbeit betrieben. Dieses Wissen ließ er den Teilnehmern sowohl im Exkursionsführer als auch in seinem Referat zukommen.

 

Neben den vielen Kohlebergwerke im Saarland wurden dort auch beim Bau des Westwalls Hohlgangsanlagen vorgetrieben. Zwei davon standen am Samstagmorgen auf dem Programm des Westwalltags. Die Hohlgänge wurden nach dem Krieg vom Zivilschutz übernommen und entsprechend ausgebaut. Übertage lag zwischen den beiden Hohlgänge der ehemalige Sitz des für Saarbrücken zuständigen Festungspionierstabs auf dem Weg. Nach einer kurzen mittäglichen Regenschauer hielt sich das Wetter weiterhin nicht an den vorhergesagten Ablauf, es blieb trocken. Dies kam uns im Deutsch-Französischen Garten zugute, in dem sich zahlreiche erhaltene Bauwerke befinden. Vorallem die massive Konzentration von Panzerabwehrwaffen in Verbindung mit den nur noch teilweise sichtbaren Panzerhindernissen war beeindruckend. In einem etwas ruhigeren Winkel des Gartens befindet sich ein kleiner Friedhof, auf dem zahlreiche Soldaten bestattet wurden, die bei den Kämpfen 1870/71 im Raum Spichern fielen. Auch die damals junge Saarbrückerin Kathrin Weißgerber wurde dort bestattet. Sie war am Tag der Schlacht trotz der schweren Kämpfe den verwundeten deutschen und französischen Soldaten zu Hilfe gekommen. Als „Schultze Kathrin“ wurde ihr Name einem Westwallbunker in der Nähe des Ehrenfriedhofs verliehen. Nachdem beim Westwalltag 2008  der Bunker „Wotan“ auf Spichern noch vor hinschlummerte, seither jedoch von einer Vereinigung wieder hergerichtet wurde, lag es nahe dorthin zu fahren und das Bauwerk in seinem neuen Zustand zu besichtigen. Hier klang bei Kaffee der Tag aus.

Abbildung 2 Wotan Spichern FHW_klein

Neben seinem Namen „Wotan“ erhielt der Pak-Bunker bei Spichern im Zuge der Restaurierungsarbeiten wieder seine Hausnummer (26) und seine Regelbaunummer (505) (Florian Wein).

Abends wurde die Vortragsreihe fortgesetzt. Gary Hess ging auf die Kämpfe im Bereich des Orscholz-Riegels aus amerikanischer Sicht ein. Hier war die Division seines Vaters im Winter 1944/45 im Einsatz. In wechselvollen Kämpfen erlitten die Amerikaner erhebliche Ausfälle. Nicht nur die Kämpfe selbst sondern auch durch die Kälte und den damit verbundenen Erfrierungen. Jacques Jost hatte sich mit dem Thema in einer anderen Weise befasst. Er trug die Erkenntnisse des französischen Miliärs vor, die auf verschiedenste Art und Weise beschafft wurden. Bereits vor dem Krieg lagen den Franzosen beeindruckend präzise Unterlagen über die deutschen Westbefestigungen vor. Sie waren so detailliert, daß im Übungsgelände von Bourge verschiedene deutsche Panzerhindernisse nachgebaut und erprobt werden konnten. Johannes Dräger von der Geschichtswerkstatt Dillingen schloß die Vorträge mit der Betrachtung der Kämpfe aus deutscher ziviler Sicht. Dillingen war 1944/45 hart umkämpft, die Kämpfe in diesem Bereich wurden als die Kämpfe um die „Zitadelle Saarlautern“ sogar im Wehrmachtsbericht genannt. Einige der Westwallbunker wurden dabei von Zivilisten als Schutzräume genutzt. Auf deren Leiden ging Dräger ausführlich ein. Seinem Schlußsatz „Zurück blieben nur die Gräber“ war hier nichts hinzuzufügen.

 

Nach einer regnerischen - und für einige Teilnehmer kurzen - Nacht führte die Westwall-Interessen-Gemeinschaft (WIG) im Bliestal zu mehreren Westwall-Bauwerken, deren Besuch aufgrund ihrer Lage für so manchen eine Herausforderung darstellte. Neben einem Regelbau 10, dessen Hangsicherung des Eingangshof beeindruckend war, stellte ein Regelbau 509 den Höhepunkt des Vormittags dar. Sowohl die Anfahrt vom Treffpunkt zu den Parkplätzen als auch die Führung selbst waren von der WIG hervorragend vorbereitet worden. Nach einer kurzen Mittagspause öffnet der Heimatgeschichtliche Arbeitskreis Rentrisch (HAK) das dortige B-Kleinst-Werk für die Teilnehmer. Die Panzertürme, ein 3- und ein Sechsschartenturm sowie eine Infanterie-Kleinstbeobachterglocke. Das Bauwerk wurde nach dem Krieg wie die beiden Hohlgangsanlagen in Saarbrücken vom Zivilschutz als Schutzraum ausgebaut. Der HAK betreut dieses einmalige Bauwerk und hat bereits viele Arbeitsstunden für die Erhaltung hineingesteckt.

Abbildung 3 Rentrisch FSW_klein

Zwei Türme und eine Kleinstglocke auf engem Raum. So stellt sich das Kleinst-B-Werk bei Rentrisch bis heute dar. Die kaum erkennbaren Blumen auf den Panzerbauteilen stammen von den Kindern des naheliegenden Kindergartens (Felix Wein).

So konnte der Tag bei zahlreichen „Betongesprächen“ ausklingen, bevor es wieder nach Hause ging - für drei der Teilnehmer bis nach Schlesien.

 

Für die Arbeitsgemeinschaft Westwalltag: Friedrich Wein

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